Kuriositäten der Windenergie-Nutzung
Ob diese Scheunenwindmühle effektiv gearbeitet hat ist nicht belegt.
Vielleicht konnte man mit dieser Einrichtung aber eine bessere Durchlüftung
der Scheune, zum Trocknen des eingelagerten Gutes Heu oder Stroh, erreichen.
Diese "Windanlage" kann besichtigt werden in:
Gemeinde Saalow, Landkreis Teltow-Fläming
Auskünfte bei:
Amt Am Mellensee, Hauptstrasse 8, 15 838 Sperenberg,
Tel.: (03 37 03) 7 70 37, Fax: (03 37 03) 7 70 39
Ob diese 'westernmill' tatsächlich die doppelte Leistung bringt ist
ungewiss.
Ein Rotor wird immer etwas 'falsch' im Wind stehen,
von den Schwingungsproblemen ganz abgesehen . . . .
Auf alle Fälle hat sich die Konzeption:
mehrere Rotoren auf einem Mast oder Turm, auch bei modernen Anlagen,
nicht durchgesetzt.
Trotzdem wird wieder einmal der Versuch gemacht. Die Firma Lagerwey hat
in der Nähe von Rotterdam, bei Maasvlakte, ihr Four-in-one-System,
die Quadro-Mühle, aufgestellt.
Die Gesamtmasse der Anlage soll 400 Tonnen betragen. Nimmt man diese 400 Tonnen
und baut daraus eine 1,5 MW-Anlage (die ENERCON E-66 wiegt so um die 250 Tonnen,
bei 66 m Durchmesser und 65 m Turm, 34 421 m2 Kreisfläche) so zeigt
das Energie-Ernteverhätnis ganz klar: E-66 ca. 3,5 Mio kWh,
Lagerwey-Quadro 0,6 Mio kWh, wohin "die Reise" der Windenergienutzung geht.
Mehr als auf allen sonstigen Gebieten der Technik gilt bei der Windenergienutzung
die Beachtung des Verhältnisses: Aufwand zu Ertrag, um "wirtschaftlich"
zu sein.
Dass der Mehrfachrotor wirklich keine Idee der "Neuzeit" ist, zeigen die 1974
gemachten Vorschläge von Fisher (Denmark) und Professor Heronemus (USA).
Jean Fisher schlug als Aesthet und Architekt ein Gebäude mit einer Vielzahl
von Darrieus-Rotoren vor.
Professor W.E. Heronemus von der University of Massachusetts wollte viele
20 kW Horizontal-Achsen-Rotoren auf einem Gerüst mit großer
Drehscheibe am Boden zur Windnachführung errichten.
Beide Vorschläge wurden nie verwirklicht.
Mit diesem System wollte man in Californien Anfang der 80er Jahren das
große Geld machen. Die 'TransPower-Anlage' arbeitete mit einer großen
Anzahl von Stoffsegel-Flächen oder geraden aerodynamisch profilierten
Tragflächen welche an Seilen hängend wie ein Seilkarussel
horizontal zwischen zwei großen Pylonen oder Masten umlaufen.
Dieses zum Scheitern verurteilte System hatte auch die Beinamen:
'flying clothes line'.(Siehe Wind-Kraft-Journal 4/1983)
Neuerdings soll dieses System durch eine spanische Forschergruppe (ENERLIM)
wieder 'Aufwind' bekommen.
In Holland beschäftigt man sich mit einem ähnlichen System,
allerdings soll die 'laddermolen' oder 'laddermill' nur einen Pylon aufweisen,
die Seilkette mit den Tragflächen "fliegt mit dem Wind", eine
Windnachführung ist nicht notwendig. Das System geht auf ein niederländisches
Patent zurück, #1004508
(12. November 1997). Professor Wubbo J. Ockels,
der ehemalige Wissenschaftsastronaut, und Jan Hendrick verfolgen dieses Konzept
in ihrer Firma O-Mill B.V.
Mit diesem Vorschlag haben Ende 1995 zwei ungarische Schüler
einen ersten Preis im europäischen Wettbewerb 'Jugend forscht' erhalten.
Blamiert haben sich dabei nicht die Jugendlichen sondern die Juroren. Diese hätten
sich 'etwas mehr' in die Materie der Windenergienutzung einarbeiten sollen.
Der Vorschlag zeigt ein Vertikal-Achsen-Gerät, einen Widerstands-
und Langsamläufer. Diese Attribute weisen allein schon auf einen absolut
geringen Leistungsbeiwert hin . . . .
Inwieweit den Jugendlichen allerdings das Modell von Herrn
Josef Wisniewski aus Celle (Deutschland) aus dem Jahr 1978 bekannt war, das lässt
sich nicht mehr feststellen.

Manchmal erlebt man die Wiedergeburt von Uralt-Geräten.
Aus einem französichen Windbuch, gedruckt Anfang der 30er Jahre, ist eine
'Turbine Lafond' bekannt.
Diese Anlage soll zum Wasserpumpen eingesetzt worden sein.
30 Quadratmeter Fläche im Wind, Durchmesser des Vertikal-Achsen-Rotors
5 Meter, Anlagenhöhe also 6 Meter.
Pumphöhe 30 cm bei einer Windgeschwindigkeit von
6 m/s, Fördermenge dabei 80 l/s.
Bei einem Wind von 8 m/s wurde die gleiche
Wassermenge 70 cm hochgepumpt.

1993, während eines Urlaubs in Südfrankreich, wurde dieses Bild
geschossen. Es zeigt eine funktionsfähige 'Turbine Lafond' die an der Route
National D38/D35, in der Nähe von Saintes-Maries-de-la-Mer, an der Petite Rhone,
aufgestellt wurde. Diese Wasserpump-Anlage gehöhrt zu einem Bauernhof
mit dem Namen 'Mas du Pin Fourcat'.
Es ist schon erstaunlich für welche Dinge Forschungsmittel
aus Steuergeldern ausgegeben werden. Leider geschah dies in der Vergangenheit
auf dem Gebiet der Windenergienutzung oft für Systeme mit denen man glaubte den
Energie-Inhalt des Windes vervielfachen oder zumindest verstärken zu können..
Ein Delta-Flügel-Objekt wollte die an der Flügelvorderkante abgehenden
Wirbelsysteme mit den Übergeschwindigkeiten ausnützen. Dies scheiterte
selbstverständlich, denn das Gesetz von der Erhaltung der Energie (Robert Mayer)
oder die Kontinuitätsgleichung oder die Bernouilli-Gleichung oder die Gesetze der
Aerodynamik mit Widerstand und Auftrieb können nicht 'vergewaltigt' werden.
Immer wieder wurden Systeme vorgeschlagen die den berühmten Magnus-Effekt
ausnützen wollten.
Das Madaras-Projekt aus den 30er Jahren in Burlington, N.J., USA, ist kaum noch bekannt.
Es gehört zu dem Kombi-System Magnus-Rotor/Translations-Maschine.
Der Fletter-Rotor zur Windausnutzung, bekannt aus den 20er Jahren, sollte in den
70er Jahren und sogar nochmals 1997 eine Wiedergeburt erleben.
1920 schlug Flettner seinen Riesenrotor mit dem energetischen Kniff der Schleppturbinen
an den Flügelspitzen vor. Diese Schleppturbinen können im Durchmesser klein
gehalten werden, da sie im Windfeld der hohen Umfangsgeschwindigkeit umlaufen.
Doch alle diese Systeme sind nicht für die Windenergie-
Nutzung geeignet. Sie zeigen ihre strömungstechnischen Effekte nur in einer
homogenen Windkanalströmung. In einem realen natürlichen Windfeld
versagen alle Verstärkungseffekte.
Der Flettner-Riesenwindrotor blieb eine Papierstudie.
Auch dieser zum Patent angemeldete Rotor, 1977 von Cammann, wurde nie verwirklicht.
An der Fachhochschule Aachen wollte man 1978 Forschungsmittel beschaffen
und zwar für einen kleinen Magnus-Flettner/Windrotor der zum Starten
mit Savonius-Rotoren versehen war.
Der Zuschuss wurde allerdings, oder zum Glück,
wegenAussichtslosigkeit des Projektes versagt.
1997 hat eine italienische Forschergruppe den 'Rotori di Spinta' vorgeschlagen,
eine Replique des Flettner-Riesenrotors, allerdings mit keulenförmig gestalteten
Rotoren als Flügel.
Den Vogel schoss aber wohl ein amerikanischer Wissenschaftler 1977 ab,
mit seinem Vorschlag: 'tornado in the cane' oder "der Tornado in der Cola-Dose".
In einem zylindrischen Bauwerk, mit vertikalen Luftklappen und Leitblechen an
der Mantelfläche, sollte durch intelligente Klappensteuerung, Öffnen und
Schließen je nach Windrichtung, ein Wirbelsturm im Inneren erzeugt werden.
Mit einer Windturbine kleinen Durchmessers sollte im Turminneren am Boden, die Energie
aus der hohen Wirbelgeschwindigkeit entnommen werden.
Der Wissenschaftler konnte nach seinem einmaligen, einzigen Vortrag auf einer
Internationalen Tagung nicht mehr ausfindig gemacht werden. Er war für Nachfragen
nicht mehr greifbar.
In einem realen, natürlichen Wind wird sich ein innerer Wirbel nie einstellen.
Das Regelproblem der großen vertikalen Klappen am Umfang darf auch nicht
unterschätzt werden.
Wieder ein Projekt aus dem oder für den Windkanal.
Daß es bei der Windenergienutzung auch ganz ohne bewegte Teile geht zeigt ein
schwedischer Vorschlag aus den Jahren 1977/78. Beim Durchströmen des Windes durch
ein Netzwerk aus Drahtseilen induziert die an den elektrischen Leitern entlangstreichende,
feuchte, ionisierte Luft einen Stromfluß.
Die Leistungsfähigkeit eines solchen Systems steht allerdings in keinem
Verhätnis zum Aufwand. Das Projekt kam über den Laborstatus nicht hinaus.
Das Schalenkreuzanemometer zur Windmessung wird immer wieder in Großausführung
als windnutzendes Gerät vorgeschlagen. Dieses System zur Windmessung ist aber
aerodynamisch ein Widerstandsläufer, also ein uneffektives Gerät.
Der Vorschlag von Fleischer, Witten, 1995, ist selbst als Fliehkraftregler ausgebildet,
bei hohen Drehzahlen kommen die zwei Halbkugelschalen zur Deckung. Sie bilden eine
geschlossenen Kugel die dem Wind nur noch die Minimalfläche bietet.
Einen neuen Versuch den Wind zu "vergewaltigen" stellt der so bezeichnete "Windbaum" dar.
Dieses Gerät soll eine ca. tausendfache Leistung gegenüber der Realität
und der wirklichen Leistungsfähigkeit eines solchen Gerätes haben.
Das System wird sicherlich im Wind drehen, die Leistung wird allerdings bei den
vorgesehenen Dimensionen nur einige hundert Watt betragen. Als Kunst am Bau, als
Firmenlogo oder Signet tauglich, könnte der Vorschlag die Windenergie als "grüne
Energie" darstellen. Auch die Baumform trägt mit dazu bei.
Das Gerät ist aber keine
Alternative zu den herkömmlichen "Freifahrenden Turbinen", den heutigen
modernen Schnellläufern.
Ein ebenso eigenartiger Vorschlag den Wind zu nutzen stellt die sogenannte
Mamoenergie dar.
Innerhalb dieser Wortschöpfung ist ein ÖKOWIN genanntes Prinzip, speziell
für die energiewirtschaftliche Ausnutzung von Deformationszuständen an natürlichen
(z.b. Bäume) und künstlichen Gebilden (z.b. Mastkonstruktionen), entwickelt worden.
Dabei sind die elastischen Eigenschaften der Installationsobjekte zur Einnahme ihrer
ursprünglichen Raumlage, bzw. die Rückkehr in ihren unbelasteten Ausgangszustand,
berücksichtigt worden.
Der Patentgegenstand umschließt das sich deformierende Gebilde wie eine Manschette
und nutzt die mechanischen Belastungsmomente und Lastwechsel bzw. Deformationszustände
der Gebilde - auch im Mikrometer Bereich - zur ökotechnologischen Energiegewinnung.
Für die Installation eines mittelgroßen Baumes werden ca. 50 bis 100 Manschetten
mittlerer Größe benötigt.
Das Energiegewinnungssystem arbeitet nach dem Prinzip eines drucksensitiven elastischen
Widerstandbildners. Dabei werden die wechselhaften mechanischen Belastungsmomente
(z.b. durch Wind) mit ihren zwangsläufig folgenden Lastwechseln auf die ortsfest
zugeordnete Energiegewinnungseinrichtung (Manschette) übertragen. Gleichzeitig werden
die bei der mechanischen Belastung der Gebilde auftretenden Deformierung auf den
translatorisch arbeitenden Generator (Patentgegenstand) übertragen und von diesem zur
Störung und Neueinstellung seines Systemgleichgewichtes - bei gleichzeitiger
Energieabgabe - aufgenommen.
Die Einsatzmöglichkeiten dieses Energiegewinnungssystems erstrecken sich vorzugsweise
auf pflanzliche Gebilde, die ohne Beeinträchtigung ihrer ökologischen Funktion als
umweltverträgliche Energiespender multifunktional genutzt werden.
unbelastet
belastet
künstlicher "Baum"
Es ist nicht geklärt, ob ein solches Konzept funktionieren wird.
Es ist auch zu bezweifeln ob diese Energiewandlungsart überhaupt der
Windenergienutzung zugeordnet werden kann.
doerner@ifb.uni-stuttgart.de
Seit 3. August 1998