Kleines Weinbrevier
Weine in Baden-Württemberg

Die Rebsorte Trollinger stammt aus Südtirol; von hier aus gelangte
sie Mitte des 17. Jahrhunderts nach Württemberg. In den Weinbergen
unserer Gegend ist sie die bedeutendste Rotweinrebsorte (Anteil an der
Anbaufläche ca. 25%).
Als spätreife Rebsorte benötigt die Trollingerrebe beste Lagen.
Deshalb gedeiht diese Rebe besonders gut auf unseren warmen Keuperböden.
Die Weine sind von frischer, kernig-herzhafter Art mit hellroter bis
rubinroter Farbe.In guten Jahren werden aus den grossen Beeren mit
aromatischem Fruchtfleisch sogar hochwertige, rassige Auslesen erzeugt.
Der Trollingerwein gilt als "schwäbisches Nationalgetränk", was
gleichzeitig als Beweis für seine hohe Bekömmlichkeit angesehen
werden kann.
Trollingerwein ist ein angenehmer Begleiter zur deftigen Brotzeit und passt
ausserdem gut zu Steak, Kalbfleisch, Kaninchen, Innereien sowie zu neutralem
Weich- und Schnittkäse.
Die saftig-süssen Trollingerbeeren sind ausserdem als delikate
Tafeltrauben sehr beliebt.

Die spätreifende Lembertraube hat ihren Ursprung in den Weinbgärten
des Donaugebietes von Österreich und Ungarn. Die Rebe stellt höchste
Ansprüche an Boden und Lage. Auch der Lemberger ist eine ausgesprochen
württembergische Spezialität, die besonders gut hier im
württembergischen Unterland gedeiht.
Lember zählt zu den edelsten deutschen Gewächsen und steht in
seiner Art noch vor dem Spätburgunder.
Ein typisch leichter Blauschimmer macht diesen Wein leicht erkennbar.
In der Nase zeigt er ein kräftiges Brombeeraroma. Dieser intensive
wuchtige Wein hat einen feinfruchtigen Geschmack mit einem langanhaltenden
Nachklang im Gaumen. Es ist ein sehr lagerfähiger Wein, für
Feinschmecker eine Gaumenfreude in Verbindung vor allem mit
Wild/Wildgeflügel und gebratenem oder geschmortem Rindfleisch.
Am Abend hilft ein Glas Lemberger von der Hast des Tages abzuschalten.

Im Heilbronner Raum wird der Blaue Frühburgunder Clevner genannt. Er ist
eine Rebe von edler Herkunft; ihr Ahne ist der adlige Spätburgunder. Der
Clevner ist nicht nur wegen der geringen Anbaufläche eine besondere
Rarität. Die Weine zeichnen sich durch Fülle, Harmonie und Eleganz aus.
Diese württembergische Spazialität begleitet nicht nur die
gemütliche Runde, sondern passt auch gut zu gebratenem Fleisch und
kurzgeräuchertem und gebratenem Fisch.

Der Schwarzriesling ist ein Mitglied der grossen Burgunderfamilie und heisst
eigentlich Müllerrebe. Diesen Namen hat die Rebsorte von ihren weissen,
dicht behaarten Rebspitzen, die wie mit Mehl bestäubt aussehen.Schwarzriesling
ist eine typische württembergische Traubensorte. Die Ähnlichkeit
der Traubenform mit dem Riesling hat dieser Sorte den Namen gegeben.
Der Schwarzriesling ist frühreif und erreicht hohe Öchslegrade.
Die Rebsorte liebt besonders unsere Löss-Lehm- und sandige Böden. Die
rubinroten Weine zeigen ziegelrote Reflexe und sind durch ein zart-aromatisches
Burgunderaroma mit einem fruchtig, feingliedrigen Körper gekennzeichnet.
Als Dämmerschoppen erfreut sich unser Schwarzriesling besonderer Beliebtheit.
Gerne wird er auch zu cremig-feinen Suppen, Schweinefleisch, Lamm und zu
mildem Käse getrunken.

Diese Rebsorte ist der jüngste Spross der Burgunderfamilie. Samtrot
ist eine natürliche Mutation des Schwarzrieslings. Er zeigt wieder die
Merkmale des Blauen Spätburgunders. Die Samtrottraube bringt fast
immer hochwertige Rotweine, denn die Erträge sind niedriger als beim
Schwarzriesling. Samtrotweine sind eine sehr beliebte württembergische
Rarität. In der Farbe sind die Weine rubin bis dunkelrot. Sie sind fein
und zart im Duft, im Geschmack von samtiger Burgunderart.
Wegen ihrer vornehmen Art werden sie mit Vorliebe nach Tisch in der
gmütlichen Runde gereicht.

Der Blaue Spätburgunder wurde im 4. Jahrhundert erstmals in Burgund angebaut
und von dort im 7. Jahrhundert an den Neckar gebracht. Aus den mittelfrüh
reifenden Trauben wird ein rubinroter bis dunkelroter Wein gekeltert. Sein feines
Aroma erinnert an Brombeeren, er ist warm, körperreich und voll samtiger
Eleganz.
Solche edlen Weine werden zu festlichen Gerichten genossen, zu Wild,
Wildgeflügel, Gänseleberpastete, aber auch zu Pasta asciuta und Pizza.
Nach Tisch, beim freundschaftlichen Gespräch, ist der Spätburgunder
ein geschätzter Partner.

Ein Drittel unserer Rebfläche ist Deutschlands edelster Weissweinsorte,
dem Riesling, reserviert. Diese alte Rebsorte stammt wahrscheinlich von einer
heimischen Wildrebe ab, deren Vorfahren die vier Eiszeiten des Diliviums
von 650 000 bis 15 000 v. Christus überlebten.
Die Rieslingrebe stellt hohe Ansprüche an ihren Standort. Nur nach Süden
gerichtete Weinhänge sind für den Anbau geeignet. Durch die späte
Reife ist die Güte vom Jahrgang abhängig. Die goldgelben Weine -
oft mit einem leichten Grünreflex - gelten weltweit als Vorbild fruchtiger
Weine und für höchsten Weingenuss überhaupt.
Unsere feinduftigen, rassig-würzigen Rieslinge können - besonders in der
trockenen und halbtrockenen Ausbauart - viele Speisen begleiten: Vom Aperitif
über Vorspeisen (Garnelen, Krabben, Lachs . . .) bis zum Hauptgang mit Forellen,
Schalentieren, Huhn oder Schweinefleisch.
Zum Dessert eignen sich besonders gut
die Spätlesen und Auslesen, die feine Rasse und Eleganz in guter Harmonie
zu Alkohol und angenehmer edler Fruchtsüsse verbinden. Ein Rieslingwein ist
zudem der rechte Partner für den Abend mit Freunden oder Bekannten bei
festlichen Anlässen.

Die Müller-Thurgau-Rebe wurde im Jahre 1882 von Professor Müller aus
dem Kanton Thurgau in der Schweiz gezüchtet. Die Eltern dieser Weintraube
sind vermutlich die klassischen Rebsorten Riesling und Sylvaner. Der
Müller-Thurgau ist früh reif, nicht nur im Weinberg, sondern auch
auf der Flasche.
Der Weinfreund findet im Müller-Thurgau einen harmonischen, blumigen,
milden Wein. Wegen ihrer geringen Säure sind Müller-Thurgau-Weine
sehr bekömmlich. Es sind angenehme, nicht zu anspruchsvolle Alltagsweine,
die jung getrunken werden sollen.
Sie passen zu herzhaftem Essen, zu belegten Broten, ebenso zu gebratenem Fisch
oder sogar zu einem Eintopfgericht.
Weine mit milder Geschmacksrichtung sind beliebt für Bowlen und Parties.

Die Silvanerrebe gehöhrt zu den ältesten Kulturreben; sie soll nach
dem 30-jährigen Krieg aus Transsylvanien in unser Land gebracht worden sein.
Der Wein ist vom Charakter her als mild , sanftmütig, geschmeidig zu bezeichnen.
Der Geschmack ist oft stark vom Boden geprägt.
Besonders wegen seiner unaufdringlichen Art findet er viele Freunde.
Silvanerweine passen ausgezeichnet zu herzhaften - aber nicht zu pikant
gewürzten - Speisen, wie zum Beispiel zu Süsswasser-Fischen, zu
Geflügel und Kalbfleisch.

Der Kerner wird als Nachkömmling des Trollinger bezeichnet, denn erkonnte
bereits 1929 aus einer Kreuzung von Trollinger und Riesling gewonnen werden -
ein wahrer Glücksfall!
Der württembergische Arzt und Dichter Justinus Kerner gab ihm seinen Namen.
Die Kernertraube reift etwas früher als der Riesling; in unseren
Keuperböden findet sie hierfür die besten Voraussetzungen. Der Kerner
bringt hohe Öchslegrade. Deshalb werden fast alljährlich Prädikatsweine
geerntet.
Der oft hellfarbene Wein ist durch ein unaufdringliches, angenehm feines, leichtes
Muskatbukett gekennzeichnet. Bei hoher Reife kommt er mit seiner würzigen,
vornehmen Frucht nahe an den Riesling heran. Vom Elternteil Riesling hat er die
feinrassige Säure.
Unsere harmonischen Kernerweine erfreuen sich wegen ihrer hohen
Bekömmlichkeit grosser Beliebtheit. Kerner kann zu allen Anlässen
gereicht werden, zu denen auch der Riesling angebracht ist
(zu Fisch, hellem
Fleisch, würzigem Käse).

Die Rebsorte Ruländer, auch Grauburgunder genannt, gehört zur
Burgundergruppe. Der Name geht auf den Kaufmann Ruland aus Speyer zurück,
der diese Rebe im Jahre 1711 erstmals in Deutschland anpflanzte.
Die Ruländertraube bringt ausgezeichnete Weine mit viel Körper und
Fülle. Im Bukett sind sie delikat und voll, in der Säure mild und
im Geschmack kräftig, würzig und aromatisch.
Der Ruländer eignet sich daher vorzüglich als Dämmerschoppen.
Besonders gut harmoniert er auch mit Enten- und Gänsebraten,
Wildgeflügel, hellem Braten mit Sahnesauce und nicht allzu pikantem
Käse. Etwas lieblichere Spät- oder Auslesen passen vortrefflich
zu Desserts.

Der Gewürztraminer zählt zu unseren ältesten Rebsorten und
zu den Spitzen unserer Weissweine. Er stellt allerhöchste Ansprüche
an die Lage. Die Erträge sind unsicher und sehr gering. Der Anbau ist
mit viel Idealismus verbunden.
Aus den hellroten Beeren werden meist Prädikatsweine erzeugt.
Das Charakteristikum des Gewürztraminers ist sein sehr feines,
an Wildrosenduft erinnerndes Bukett. Die Weine liegen goldgelb im Glase
und verfügen über eine ausgeprägte, fein-aromatische
Geschmacksnote, über viel Körper und zuweilen schwere Fülle.
Sie eignen sich als Aperitif und können auch zu geräuchertem Lachs/
Forelle/Fellchen, zu kräftigem Käse und süssen Desserts
gereicht werden.
Hochwertige Auslesen werden oft nur zu bestimmten Anlässen geopfert.
Nicht zuletzt erfreut sich der Gewürztraminer auch beim weiblichen
Geschlecht besonderer Beliebtheit.
doerner@ifb.uni-stuttgart.de
Seit 7.März 1997